Prolog: Die Vor-Synthesizer-Ära

GX

Bei der im Januar 1975 erstmals vorgestellten Yamaha Electone GX-1, handelte es sich um eine elektronische Orgel mit einem Synthesizer-ähnlichen Ansatz der Klangerzeugung. Das als damals neustes Flaggschiff der Electone-Serie positionierte Instrument, kann gleichzeitig als zweiter Yamaha-Synthesizer und zu ihrer Zeit als echte Traummaschine bezeichnet werden. Und das aus gutem Grund, denn die GX-1 hat sich ihren eigenen Platz in der Geschichte der elektronischen Musikinstrumente gesichert. Wie wir in Kapitel 1 noch sehen werden, wurde im Jahr 1973 bereits ein erster Prototyp namens GX-707 fertiggestellt. Doch bereits einige Zeit vorher kam eine interessante Geschichte ins Rollen, als sich die Entwickler von Yamaha auf den Weg machten, ein außergewöhnliches Instrument mit einem Höchstmaß an musikalischem Ausdruck zu kreieren. Viele der Technologien, von denen heutige Synthesizer profitieren, nahmen ihre Anfänge deutlich früher als vielen heute bekannt ist. In diesem Kapitel werden wir uns anschauen, wie viel Energie Yamaha in die Entwicklung aufeinanderfolgender Electones steckte und zeitgleich die Morgendämmerung der eigentlichen Synthesizer immer näher rückte.

Die legendäre EX-21

EX-21
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Es war 1959, als Yamaha – oder Nippon Gakki, wie das Unternehmen damals noch hieß – seine allererste elektronische Transistororgel vorstellte. Dieses Musikinstrument, die D-1, war die allererste Electone. In den folgenden Jahren wurden praktisch jedes Jahr neue Electones auf den Markt gebracht. Mitte der Sechzigerjahre forderte der Präsident Genichi Kawakami das Unternehmen auf, ab sofort das gesamte technologische Können und Wissen darauf zu verwenden, das beste elektronische Musikinstrument der Welt zu kreieren. Insgesamt wurden vier Prototypen gefertigt, die schließlich 1968 zur Entwicklung der EX-21 führten, welche im folgenden Jahr sowohl in Japan als auch in Übersee der Öffentlichkeit vorgestellt werden konnte. Dieses Instrument wiederum diente als Proof of Concept, um das kommerzielle Potenzial der Yamaha EX-42, der ersten Electone speziell für Bühnenauftritte, zu verdeutlichen. Diese wurde nach ihrer Marktreife im Jahr 1969 offiziell vorgestellt. Im Vorfeld der Präsentation auf der Weltausstellung 1970 in Osaka wurde die EX-21 allerdings noch mehreren zusätzlichen Entwicklungs- und Testrunden unterzogen. Da für den Rahmen, die Pedale und die Bank des Instruments Blockgussteile Verwendung fanden, brachen offenbar mehrere Prototypen, bevor schließlich insgesamt vier Einheiten realisiert werden konnten.

Die Tonerzeugung der EX-21 erfolgte in Form eines Hybridsystems, welches den Top-Oktav-Ansatz mit einem unabhängigen Oszillator kombinierte. Dieses System fand jedoch im Instrument selbst keinen Platz mehr und musste daher in einer separaten, rackähnlichen Klangerzeugungseinheit ausgelagert werden, welche mit der EX-21 über ein dickes Spezialkabel verbunden war. Das Gesamtgewicht des Gussmetallgehäuses (welches produktionsbedingt leider zur Rissbildung neigte), der Klangerzeugungseinheit und der Tonkabinette betrug insgesamt knapp 800 kg, wodurch sich das Instrument nicht wirklich gut transportieren ließ. Trotzdem startete im Mai 1969 auf einer Musikinstrumentenmesse in Las Vegas eine Welttournee der EX-21, zusammen mit den Musikern Koichi Oki und Yoshifumi Kirino. An jedem einzelnen Tourneeort konnte das Publikum nicht nur den bemerkenswerten Klang, sondern auch die außergewöhnlichen Ausdrucksmöglichkeiten des Instruments immer wieder aufs Neue bewundern.

EX-21

Der Weltklasse-Pianist Yoshifumi Kirino hatte die Gelegenheit, eine EX-21 für knapp zwei Wochen bei sich zu Hause ausgiebig zu testen. Während dieser Zeit befand sich das Instrument in einem Raum und das über Kabel verbundene Rack mit der Klangerzeugung in einem weiteren. Jedes Mal, wenn er eine der Registrierungstasten am Instrument drückte, die zum Umschalten der Klangvoreinstellungen verwendet wurden, konnte er ein lautes mechanisches Klacken aus dem Tongenerator im Nachbarraum hören. Dies wurde offenbar durch Relaisschalter verursacht, was darauf schließen lässt, dass die Sounds der EX-21 rein mechanisch gewechselt wurden. Was das optische Design angeht, wirkte das Instrument auf Kirino wie etwas unglaublich Futuristisches aus dem Weltraum.

EX-21
EX-21

Angesichts des Designs, des Gewichts und des Sound-Wechselsystems ist es nicht weiter überraschend, dass die EX-21 zu einem astronomischen Preis von damals 20 Millionen Yen auf den Markt kam, was heute einer Summe von über 600.000 € entsprechen würde. Der Modellname entstand durch das Hinzufügen eines „X“ zur Kennung der E-3, der zu dieser Zeit besten Electone auf dem Markt und das Anhängen der Zahl 21 in freudiger Erwartung des damals nur noch wenige Jahrzehnte entfernten 21. Jahrhunderts. Die EX-21 vereinte sämtliche innovativen Technologien und Ideen der späten 60er-Jahre und markierte den Höhepunkt der Electone-Familie. Man kann sie als Urahn von atemberaubenden Instrumenten wie der GX-1 bezeichnen.

Die Anzahl der verfügbaren Oszillatoren einer Klangerzeugung, ist eng mit der Anzahl der Töne verbunden, die ein Synthesizer gleichzeitig ausgeben kann. Auf einem vierstimmig polyfonen Instrument lassen sich etwa Akkorde erzeugen, indem jeder der vier Oszillatoren zum Spielen unterschiedlicher Frequenzen eingesetzt wird. Die frühen Electones von Yamaha bildeten eine Polyfonie darüber ab, dass einzelne Oszillatortöne nach Bedarf jeder beliebigen Taste des Instruments zugewiesen werden konnten. Dies erfolgte mithilfe von zwei unterschiedlichen Ansätzen: der unabhängigen Oszillatormethode und der Top-Oktav-Methode.

Wie der Name bereits suggeriert, verfügt bei der unabhängigen Oszillator-Methode jede einzelne Taste über einen eigenen Oszillator, um zusammen gespielt Harmonien abbilden zu können. Für ein Keyboard mit 40 Tasten wären somit 40 unabhängige Oszillatoren erforderlich. Da dies in der Produktion schnell sehr kostspielig werden kann, setzt die alternative und ökonomische Top-Oktav-Methode auf lediglich zwölf Oszillatoren. Jeder dieser Oszillatoren erzeugt die höchste spielbare Frequenz der entsprechenden Note. Das Konzept setzt auf der physikalischen Tatsache auf, dass bei Halbierung einer Frequenz der Ton exakt um eine Oktave tiefer erklingt. Die Grundtöne der Oszillatoren werden dabei durch simple ganzzahlige Division mithilfe einer Frequenzteilerschaltung in Töne der unteren Oktaven umgewandelt. So ist es mit nur zwölf Oszillatoren – einem für jede Note in der chromatischen Tonleiter – möglich, gleichzeitig Töne für jede einzelne Taste der Tastatur zu erzeugen.

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Die frühen Electones arbeiteten bei beiden Methoden mit konstanter Oszillation. Das bedeutet, dass jeder Oszillator durchgehend einen Ton erzeugte, sobald das Instrument eingeschaltet wurde, dieser aber nur bei Bedarf beziehungsweise Druck der richtigen Taste an den Verstärker weitergeleitet wurde. Dieser spezielle Ansatz war allerdings sehr anfällig für Sound Leakage; das heißt, es wurde durch Übersprechen auch dann ein leiser Ton ausgegeben, wenn das Instrument nicht gespielt wurde. In einem solchen Fall musste letztlich immer ein Techniker herangezogen werden, um entsprechende Anpassungen vorzunehmen.

In echter Wunschtraummaschinen-Manier setzte die EX-21 auf ein Hybridsystem, welches beide Klangerzeugungsmethoden miteinander kombinierte. Konkret wurde das Top-Oktav-System der E-1 (640.000 Yen, 1962) gemeinsam mit dem unabhängigen Oszillatorsystem unserer F-1 (2,2 Millionen Yen, 1964) integriert.

E-1, F-1

Das erste Bühnenmodell: Die EX-42

EX-42

Die EX-21 wurde im Wesentlichen von der EX-42 abgelöst, bei der es aus Entwicklersicht nicht länger um die Erprobung von Prototypen, sondern um die Veröffentlichung eines Serienmodells für die breite Öffentlichkeit ging. Im Rahmen einer Gewichtsreduktion auf lediglich 180 kg, wurde daher die Klangerzeugung auf die oberste Oktave (Top-Oktav-Technik) beschränkt.

Was die Klangfarben betrifft, so war die EX-42 durch ihre neun Tonregister, die den Bereich von 16'- bis 1'-"Orgelpfeifen“ (in Anlehnung an eine klassische Pfeifenorgel) abdeckten, sowie durch weitere Tonauswahlschalter für Stimmen wie Blechbläser und Streicher gekennzeichnet. Sie konnte auch perkussive Töne und Klänge mit einer Ausklingphase wie Klavier und Cembalo erzeugen. Als Vorbote einiger Funktionen, die später in vollwertigen Synthesizern zum Einsatz kommen sollten, konnte ein spezieller Ton namens Wave Motion relativ zu anderen Tönen auf der oberen Tastatur in der Tonhöhe verschoben werden. Im Ergebnis dieser Ton-Kombination erhielt man einen einzigartigen wellenförmigen Klang. Einige Töne ließen sich auch dynamisch spielen, und obwohl der Umfang begrenzt war, demonstrierte dies eindrucksvoll das Engagement unserer Entwickler. Überdies waren die obere, die untere Tastatur sowie die Pedale mit speziellen Tonschaltern, sogenannten Couplern, ausgestattet, die es ermöglichten, die auf einer Tastatur erzeugten Töne mit denen einer anderen zu mischen. Dies könnte man aus heutiger Sicht bereits als eine Vorahnung auf die Layering-Funktion moderner Synthesizer verstehen.

Die EX-42 besaß ähnliche Solo- und Portamento-Tastaturen wie die EX-21. Die Solotastatur konnte beim Spielen insgesamt bis zu sieben Stimmen ausgeben - davon vier monofon und drei polyfon. Die Spieler konnten die monofonen Stimmen stummschalten oder durch Wackeln der Tasten nach links und rechts ein Vibrato erzeugen. Die Portamento-Tastatur, die sich links von der Solotastatur befand, war einem Ribbon-Controller nicht unähnlich, worüber die Erzeugung eines eigenen Klangs möglich war. Sie verfügte über sechs verschiedene Stimmen, und erlaubte dem Spieler mittels Klangeffekten und fließenden Tonhöhenübergängen seiner Performance mehr Ausdruck zu verleihen. Ebenso verfügte das Instrument über eine automatische Stummschaltung und einen Hall, der besonders für die Erzeugung kosmischer, überirdischer Klänge prädestiniert war. Dieses eingesetzte Portamento-Keyboard fand später auch im Orgelmodell GX-1 sowie dem legendären Synthesizerboliden CS-80 Verwendung.

Die EX-42 war außerdem die erste Electone, die mit Auto-Rhythmus-Patterns ausgestattet war - 13 an der Zahl, um genau zu sein. Wie alle früheren Electones verfügte sie über vier Percussion-Buttons. Das Instrument war zusätzlich mit vier Knöpfen zwischen der oberen und der unteren Tastatur ausgestattet, mit denen sich einzelne Presets umschalten ließen – eine Funktion, die heute als Registrierungsspeicher bekannt ist. Jeder dieser Knöpfe konnte zum Speichern und Abrufen aller Einstellungen der oberen, unteren und Fußtastatur verwendet werden. Registrierungen ließen sich sogar mit dem Fuß umschalten, indem man einen der vier Zehenknöpfe benutzte, die selbstverständlich mit den Registrierungsknöpfen zwischen den Tastaturen gekoppelt waren.

EX-42
Image of pull-out preset board

Ein ausziehbares Preset-Board enthielt – neben anderen Controllern – Knöpfe, mit denen sich die Tonhöhen der Solo-, Ober-, Unter- und Fußtastatur unabhängig voneinander einstellen ließen. Auf diese Weise war es möglich, die Tastaturen auch auf den Konzert-Kammerton zu stimmen. Mittels der Regler konnten aber auch die einzelnen Tonhöhen der Tastaturen einfach zueinander verschoben werden, um einen unverwechselbar pulsierenden Audioeffekt zu erzeugen.

Obwohl die Technik der Top-Oktave letztlich durch andere Klangerzeugerstechnologien ersetzt wurde, sind die Klangerzeugungsfähigkeiten und die Ausdruckskraft der EX-42 rückblickend so revolutionär, dass es selbst heute schwer zu glauben ist, dass dieses Instrument inzwischen mehr als 50 Jahre alt ist. Ohne Übertreibung kann festgehalten werden, dass die Existenz der GX-1 nur auf Basis der EX-42 überhaupt erst möglich wurde.

Einen abschließenden Gedanken zur EX-42 lässt sich als Auszug aus einem Originaltext entnehmen, welcher verdeutlicht, wie man bei Yamaha selbst das Instrument sah: „Komponisten und Interpreten streben danach, ihrer Zeit voraus zu sein und unverwechselbare Eindrücke zu hinterlassen. Musikinstrumente entwickeln sich als Reaktion darauf auf natürliche Weise weiter, obwohl auch das Gegenteil der Fall sein kann. In jedem Fall fügt die Geburt eines jeden Instruments den Annalen der Musikgeschichte eine neue Welt des Ausdrucks hinzu, und die ehrgeizige Yamaha Electone EX-42 bildet da keine Ausnahme. Als perfekte Integration fortschrittlicher elektronischer Technologien und der weltweit besten musikalischen Handwerkskunst erweitert die EX-42 die Grenzen sowohl des Musikinstruments als auch des künstlerischen Ausdrucks erheblich. Sie ist in der Lage, die Anforderungen von Komponisten und Künstlern an einer Vielzahl von Veranstaltungsorten zu erfüllen, wie z. B. in großen Konzertsälen, Rundfunkstationen, Restaurants und Aufnahmestudios. Es ist auch ein äußerst vielseitiger Partner bei der Erstellung von Begleitmusik für TV-Shows, Werbespots und elektronische Musik. Wir sind sehr stolz auf die neue EX-42 und hoffen, dass auch sie ihr wahres Potenzial schätzen lernen werden.“

Die GX-1 bietet neue Wege des musikalischen Ausdrucks

GX-1 Advertising image

Nach Abschluss der Entwicklung der Modelle EX-21 und EX-42 wandte sich Yamaha einer neuen Generation von Electones zu, mit dem Ziel noch natürlichere Klänge zu implementieren. Eines dieser neuen Instrumente, welche auf diesem Weg entstanden, war die Electone GX-1.

Ein Vorgänger dieses Instruments, der Prototyp GX-707, wurde 1973 fertiggestellt und erwarb sich dank Demo-Auftritten auf der NAMM-Show, der Musikmesse Frankfurt und verschiedenen Veranstaltungen in Japan einen ausgezeichneten Ruf. Weitere Verbesserungen an diesem Prototyp bestärkten uns außerdem in unserer Überzeugung, dass der Markt nach einem Instrument wie der GX-1 verlangte.

GX-707 GX-707

Im Gegensatz zu früheren Electone-Modellen, bei denen die Klangerzeugung auf gehaltenen, unveränderlichen Tönen basierte, verwendete die GX-1 eine Technologie, die als gruppengesteuerte Spannung bezeichnet wurde und sich auf unser Living-Sound-Designkonzept zurückführen ließ. Dieser Ansatz, der im Prinzip einem polyfonen Analogsynthesizer entsprach, ermöglichte es mit dem Instrument Klänge zu erzeugen, deren Charakter sich im Laufe der Wiedergabezeit veränderte.

Einzelne Töne stachen nun noch mehr aus dem Gesamtklang heraus und Akkorde entwickelten eine eigene Lebendigkeit. Die Tonhebel früherer Electones waren verschwunden und wurden durch vorab auf dem Instrument gespeicherte Sound-Presets mit Klangfarbenänderungen und Balanceeinstellungen ersetzt. Die Auswahl eines passenden Sounds wurde einfach über Drücken des entsprechenden Presets realisiert, ähnlich der Auswahl eines Patches auf einem modernen Synthesizer.

Die GX-1 bot die folgenden einzigartigen Funktionen, welche bei früheren Electones so nicht zur Verfügung standen.

1. Analoge Synthese für die Klangerzeugung

2. Bis zu 18-fache Polyfonie, mit jeweils 8 Stimmen für obere und untere Tastatur und je einer für Solo- und Pedalspiel.

3. Preset Voices, die mithilfe von Tone Modules ergänzt wurden, und die Möglichkeit der Soundbearbeitung bereitstellten

4. Pitchbender, Sustain, Resonanz und Reverb für noch mehr Ausdrucksmöglichkeiten

5. Erweiterte Berührungsempfindlichkeit

Image of tone board

Die Einstufung der GX-1 als Synthesizer, lässt sich damit erklären, dass ihre Klangerzeugung auf einer komplett analogen Synthese bestehend aus VCOs, VCFs und VCAs bestand. Ebenso bestand die Möglichkeit, Tonänderungen im zeitlichen Verlauf zu steuern, was für die Klangerzeugung von grundlegender Bedeutung war. Weitgehend unbekannt ist die Tatsache, dass diese Art eines sich entwickelnden Klangs nicht einfach mit dem Instrument selbst erzeugt werden konnte, sondern für diesen Zweck das sogenannte Tone-Board – ein spezieller Editor mit visueller Anleitung – erforderlich war.

Im Laufe der Zeit wurden zwei verschiedene Tonmodul-Varianten mit Presets zur Verfügung gestellt: Die Standardmodule (oder „schwarzen“ Module) machten den Anfang und wurden einige Zeit später um die nächste Standardmodul-Serie (die„roten“ Module) ergänzt. Auf der Innovation Road – dem 2018 eröffneten Yamaha-Musikinstrumentenmuseum – kann eine echte GX-1 bewundert werden. Obwohl das Instrument normalerweise mit einer festen Bank ausgeliefert wurde, verfügt unser Ausstellungsstück über eine elektrisch vor, zurück und seitlich verstellbare Sitzbank. Dieses limitierte Modell wurde auf Wunsch von Kawakami, dem Präsidenten des Unternehmens, für den Einsatz bei Electone-Wettbewerben und in Musikschulen in ganz Japan hergestellt. Die elektrisch verstellbare Bank stellte sicher, dass das Spiel auf dem Instrument sowohl für Kinder als auch Erwachsene gleichermaßen ohne Probleme möglich war.

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Die PASS-Klangerzeugung der Electone-Modelle EX-1 und EX-2

EX-1, EX-2

Die speziell für Bühnenauftritte konzipierte GX-1 war mit einem umfangreichen Analogsynthesizer-System ausgestattet, das sowohl von den Dimensionen als auch von den Kosten her eindeutig nicht als Instrument für den Heim- oder Studioeinsatz konzipiert war. Parallel zur Umsetzung der GX-1 arbeitete man mit Hochdruck an der Entwicklung einer neuen Klangerzeugung, welche von den Vorteilen der sich schnell entwickelnden digitalen Technologien profitierte, ohne dabei Kompromisse bei der Klangqualität und Ausdrucksfähigkeit einzugehen. Das aus diesen Bestrebungen resultierende Pulse Analog Synthesis System (PASS) besaß eine analog-digitale Hybrid-Klangerzeugung, die erstmals 1977 in den Modellen EX-1 und EX-2 Einzug hielt. PASS blieb dem bereits erfolgreich bei der GX-1 eingesetzten Konzept des Living-Sound-Designs treu, und lieferte mithilfe von zwei Tongeneratoren – einem Flötentongenerator (oder „Orgelklang“) und einem Orchestertongenerator, der sich im Zeitverlauf ändernde Geigen-, Klavier- und andere Klänge erzeugen konnte – reiche und voluminöse Klänge. Beide Klangerzeugungen ließen sich für die Kreation neuer Sounds bereits übereinander schichten. Für zusätzliche Flexibilität und Kreativität bei der Klanggestaltung sorgte die Fähigkeit der EX Electones, die Oktave der Orchesterstimmen zu verschieben. Ebenso war es möglich, mit einem Celeste-Effekt zwei Flötenstimmen oder zwei Orchesterstimmen zu überlagern, um so noch sattere und tiefgreifendere Klänge zu erzeugen. Ferner verfügten die Modelle EX-1 und der EX-2 bereits über Filterstufen zur Klangbearbeitung und damit über ein wesentliches Merkmal eines ernst zu nehmenden Synthesizers.

All dies wurde durch neue und von uns speziell für diese Klangerzeugung designte Chips ermöglicht. Dank dieser Innovation war Yamaha in der Lage deutlich kompaktere Instrumente herzustellen, welche nicht nur ein deutliches Mehr an Funktionalität boten, sondern auch wesentlich ökonomischer in der Herstellung waren. Die daraus resultierenden PASS-Klangerzeugungen wurden hauptsächlich für Electones verwendet, insbesondere für die neue C-Serie ab 1978, die sich mehr als jedes andere Modell in der Geschichte dieser Instrumente verkaufte.

Wie wir noch in Kapitel 2 sehen werden, hatte die Entwicklung der FM-Engines zu diesem Zeitpunkt ebenfalls bereits begonnen. Ab 1981 entwickelte sich diese Form der digitalen Synthese zum Hauptstandbein unserer Entwicklung, insofern sie die relativ kurzlebige PASS-Technologie komplett ablöste. Dennoch fand der Ansatz der PASS-Klangerzeugung ebenfalls Einzug in die Yamaha-Synthesizerlinie, wo er in unseren Instrumenten der SK-Serie von 1979 bis 1981 zum Einsatz kam. Diese Instrumente sowie der GS-1- und die CE-Serie verfügten ebenfalls über Ensemble- und Symphonic-Effekte – genauer gesagt über dreiphasige Chorus-Effekte, die auf einer analogen BBD-Delay-Schaltung basierten, welche in der PASS-Ära unverzichtbar war.

SK Series

Seit den Anfangstagen des Unternehmens haben die Yamaha-Entwickler bei der Arbeit an neuen Instrumenten nie den Musiker und die Polyphonie aus den Augen verloren. Dank dieses Engagements lebt die Technologie der sechziger Jahre in den Instrumenten von heute weiter, nicht nur in Form von Tongeneratoren, sondern auch in Form von mechanischen Tastaturen, die sich in ihrer Ansprache wie echte Instrumente anfühlen, sowie in Form von Ribbon-Controllern, welche die Ausdruckskraft erheblich steigern und natürlich Preset-Speichern. Auf einen echten Analogsynthesizer in Form des SY-1 musste die Welt allerdings noch bis 1974 warten. Unter dem Gesichtspunkt von Leistung und Technologie (abgesehen von Klangfarben, die sich über die Zeit veränderten) erforschten wir bereits in jenem Jahrzehnt die Anwendung von Synthesizern unter Aspekten, die weit über die Reproduktion bestehender Instrumentenklänge hinausgingen, um eine eigenständige und einzigartige Instrumentengattung zu kreieren. Vor diesem Hintergrund sind wir diesen frühen Entwicklern für ihre Neugier und Hartnäckigkeit zu außerordentlich großem Dank verpflichtet.

Angefangen bei der Top-Oktav-Methode bis hin zur AWM-Synthese waren die Instrumente der Electone-Serie stets Vorreiter, wenn es um die neuesten Klangerzeugungstechnologien ging (unabhängig davon, ob sich Klänge letztlich bearbeiten ließen oder nicht).

D-1, F-1, CSY-1, GX-1, EX-1, F-70, HX-1